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Das Lobbyregister nach der Bundestagswahl: Was jetzt?
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Das Lobbyregister nach der Bundestagswahl: Was jetzt?

12. Oktober 2021

© Unsplash/Aaron Burden

Unabhängig vom Ausgang der Bundestagswahl und den Sondierungsgesprächen geht am 3. Januar 2022 das Lobbyregister online. Auf der Webseite des Deutschen Bundestages haben Unternehmen, Verbände, sonstige Organisationen und selbstständige Beraterinnen und Berater zwei Monate Zeit, um alle erforderlichen Eingaben zu tätigen. Auch drei Monate vor Inkrafttreten des Lobbyregistergesetzes (LobbyRG) lassen die genauen Ausführungsbestimmungen der Bundestagsverwaltung noch immer auf sich warten und werfen eine Reihe von Fragen auf. Dies betrifft v. a. die Eintragungspflicht einzelner Personen in betroffenen Organisationen, die Modalitäten zur Kontaktaufnahme sowie die Angaben zu finanziellen Aufwendungen.

Während Betroffene noch mit der bürokratischen Folgenabschätzung beschäftigt sind und Prozesse für die rechtssichere Umsetzung des LobbyRG aufsetzen, stellt sich mittelfristig die Frage nach einer Novellierung des Gesetzes. Bündnis 90/Die Grünen fordert in ihrem Programm zur Bundestagswahl eine explizite Verschärfung hinsichtlich des Einflusses organisierter Interessensgruppen. Auch die SPD will Entscheidungsprozesse durch einen exekutiven und legislativen Fußabdruck nachvollziehbarer machen. Gemeint ist eine schriftliche Dokumentation, in welcher Form Interessenvertreterinnen und -vertreter an der Erstellung von Gesetzesentwürfen beteiligt waren. Im Rahmen der Verhandlungen mit der Union fiel dieser Vorschlag im März zunächst heraus, hielt aber dafür Einzug in das Bayerische Lobbyregistergesetz (s. Gegenüberstellung der Regulierungen auf Landesebene).

Mit den beiden Parteien des progressiven Lagers gilt außerdem eine Ausweitung der Adressatinnen und Adressaten von Interessenvertretung auf die Fachreferate der Bundesministerien als wahrscheinlich. Diese ist im Vorfeld der Verhandlungen zum LobbyRG von Nichtregierungsorganisationen und Bündnis 90/Die Grünen gefordert worden, da viele Gesetzesentwürfe in den Fachreferaten entstehen. Die aktuelle Regelung nach § 1 (2) sieht hingegen nur ein Erfassen bis zur Ebene von Unterabteilungsleiterinnen und -leitern vor. Zudem ergeben sich rechtliche Grauzonen, etwa, wenn hohe Ministerialbeamtinnen oder -beamte kontaktiert werden, die Korrespondenz mit Interessenvertreterinnen und -vertretern aber „nach unten“ delegieren.

Da der aktuelle Gesetzestext zahlreiche Abgrenzungsschwierigkeiten und inhaltliche Schwächen offenbart, ist im Zuge einer Novellierung auch mit einer Vereinfachung und Standardisierung zu rechnen. Zumindest ist davon auszugehen, dass eine Novellierung des LobbyRG Gegenstand der Koalitionsverhandlungen sein wird – zumindest im Falle einer Ampelkoalition zwischen SPD, Grünen und FDP. Dies entbindet betroffene Organisationen jedoch nicht davon, die ab Januar 2022 geltenden Regelungen umzusetzen. Damit verbunden ist nicht nur die Anforderung der Erstbefüllung und kontinuierlichen Pflege, sondern auch das Aufsetzen von Reportings, die Sensibilisierung und Schulung von Mitarbeitenden sowie eine Bestandsaufnahme und Evaluation der eigenen politischen Kommunikation.

Über die Autoren

Fabian Scholz und Bernhard Kuske

Fabian Scholz arbeitet als Senior Consultant im Berliner Büro von Johanssen + Kretschmer. Der Kommunikations- und Politikwissenschaftler berät insbesondere Mandanten mit dem Schwerpunkt Public Affairs, Advocacy und Stakeholder Management.

Bernhard Kuske berät als Associate bei Johanssen + Kretschmer Unternehmen und Organisationen aus unterschiedlichen Branchen in den Beratungsfeldern strategische Kommunikation und Stakeholder Management.